Arnon Grünberg „Besetzte Gebiete“

Arnon Grünberg ist 1971 in Holland geboren und lebt in Amsterdam, New York und Berlin. Er ist ein äußerst erfolgreicher Schriftsteller, der auch für internationale Zeitungen und Magazine schreibt. Er hat viele Literaturpreise gewonnen, seine Bücher sind in 27 Sprachen übersetzt worden.

Erzählt wird die Geschichte von Otto Kadoke, einem Psychiater. Er arbeitet in einem Krisenzentrum und leistet großen Einsatz, um seine suizidalen Patienten zu retten. Bei Michette ist ihm die Rettung zunächst gelungen, er hat sie als Pflegerin für seinen alten, kranken Vater engagiert. Aber Michette bedrängt Kadoke mit ihren Liebeswünschen, und als diese unerwidert bleiben, legt sie ihre Aufgabe als Pflegerin zurück und beendet auch die Therapie bei ihm.

Michette erzählt ihre Geschichte einem Sensationsschriftsteller, der daraus eine Missbrauchsgeschichte macht. Dieses Buch wird preisgekrönt. Michette verrät in einer Talk Show den Namen von Kadoke. Er wird trotz seiner Proteste und Erklärungsversuche verurteilt und verliert seine ärztliche Zulassung.

In dieser Krise lernt er Anat, eine entfernte Verwandte kennen, in die er sich verliebt und der er schließlich mit seinem alten, kranken Vater nach Israel ins Westjordanland folgt. Er verbindet große Hoffnungen mit diesem Umzug.

Am Ziel erwarten ihn Anat und ihre streng gläubige Familie, die Wohnverhältnisse sind primitiv und alles ist schmutzig. Anats Familie erwartet, dass er mit ihr viele Kinder zeugt. Unendlich geduldig lässt er sich von Anats Mutter tyrannisieren, die ihre Anweisungen von einem in Brooklyn im Koma liegenden Rabbi erhält, und wird schließlich selbst zu einem „besetzen Gebiet“. Besetzt von den Wünschen und Zielen der anderen, vor allem denen der fanatischen Frauen.

Kadoke ist in Gefahr sich zu verlieren, bis er schließlich doch ausbricht und eine homosexuelle Beziehung mit einem Palästinenser beginnt. Von da an überschlagen sich die Ereignisse, es kommt zu einem Mord und einem völlig überraschenden Wiedersehen.

Das Buch „Besetzte Gebiete“ enthält Hinweise auf aktuelle Themen. So verweist zum Beispiel die schnelle Vorverurteilung Kadokes wegen angeblichen Missbrauchs auf die MeToo - Debatte. Interessant ist auch der Versuch, den Nahostkonflikt aus europäisch säkularer Sicht und jüdisch religiöser Sicht zu beleuchten.

„Besetzte Gebiete“ ist ein Buch, das vordergründig oft lustig und humorvoll erscheint. Dahinter stehen jedoch ernste Themen wie: Vorurteile, Intoleranz, Feindseligkeit und die Erkenntnis, dass trotz allem ein glückliches Leben nur in Gemeinschaft geführt werden kann.

Ein gut lesbares, teilweise lustiges, spannendes Buch.

Lesenswert!

Prof. Münzer-Jordan

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