Yasmina Reza „Serge“

Yasmina Reza ist 1959 geboren, sie ist als Schriftstellerin, Regisseurin und Schauspielerin tätig. Sie hat zahlreiche Romane und Theaterstücke verfasst. Einige ihrer Stücke wurden mit großem Erfolg aufgeführt und auch verfilmt. Für ihr Werk hat Yasmina Reza zuletzt den Jonathan-Swift-Preis und den Premio Malaparte bekommen.

Der Roman beginnt mit dem Tod der Mutter Marta Popper. Die Poppers sind eine bürgerliche, jüdische Familie in Paris, väterlicherseits kommen sie aus Wien, die Mutter hat ungarische Vorfahren, die in Auschwitz ermordet wurden. Der Vater war glühender Anhänger des Staates Israel.

Beim Begräbnis von Marta Popper beschließt ihre Enkelin Josephine nach Auschwitz zu reisen, um nach Spuren ihrer ermordeten Vorfahren zu suchen. Diesem Vorhaben schließen sich Serge, Jean und Nana an. Serge ist der älteste Sohn von Marta Popper, er ist ein Versager und Großmaul und er trinkt. Seine Tochter ist Josephine, Anfang zwanzig. Der jüngere Bruder von Serge, Jean, ist kinderlos, beruflich abgesichert. Die Schwester, Anne, von Serge Nana genannt, ist mit einem Spanier verheiratet, sie haben zwei Kinder, Victor und Margot.

Die Geschwister Serge, Jean und Anne sind alle circa 60 Jahre alt, ihr Leben vollzieht sich in festgefahrenen Bahnen und wiederkehrenden Mustern, die ständig aufeinanderstoßen und Konflikte zwischen den Geschwistern schaffen.

Auschwitz wird als blumenreiches Städtchen beschrieben und als Touristenattraktion. Um das Erinnerungsgelände herum ist eine Art von Jahrmarkt entstanden.

Josephine fotografiert ständig alles mit ihrem Handy, Serge macht zynische Bemerkungen, seine Schwester Anne ist wütend auf ihn. Serge boykottiert den Versuch, im Gedenken an das Schicksal der gemeinsamen Vorfahren eine familiäre Gemeinschaft entstehen zu lassen. Er versucht das Erinnern als leere Hülle zu zeigen. „Ein Wissen, das nicht zutiefst mit einem selbst verbunden ist, bleibt folgenlos. Von der Erinnerung ist nichts zu erwarten. Dieser Fetischismus der Erinnerung ist bloßer Schein.“

Das Verhalten der Familie Popper wirkt oft befremdlich und erschreckend, aber auch vertraut durch ihre bürgerlichen Überzeugungen und auch dadurch, dass es Mitglieder gibt, die gegen jede Überzeugung revoltieren.

„Serge“ ist ein gut lesbares, interessantes Buch. Es regt zum Nachdenken an, welche Mittel zur Verhinderung von schrecklichen Ereignissen, wie zum Beispiel den Holocaust, für uns Menschen wirksam sein können und wie weit die Erinnerung und ihr Aufrechterhalten dafür geeignete Mittel sind.

Unbedingt lesenswert!

Nachdenkenswert!

Prof. Münzer-Jordan

Zurück