Michael Hugentobler "Feuerland"

Michael Hugentobler ist 1975 in Zürich geboren, nach Abschluss der Schule arbeitete er als Postbote und ging auf eine 13-jährige Weltreise, in dieser Zeit besuchte er auch den Schauplatz seines Romans. Heute arbeitet er als Journalist für verschiedene Zeitungen und Magazine. Für seine Texte wurde er mehrfach ausgezeichnet.

Die Handlung spielt vor und im Zweiten Weltkrieg. Im ersten Teil des Buches „Feuerland“ ist die Hauptfigur der Ethnologe Ferdinand Hestermann. Bei einem Kongress in London findet Hestermann zufällig ein Buch auf einer Parkbank. Dieser Fund ist ein besonderer Schatz, es ist eine handschriftliche Sammlung von Wörtern aus der Sprache der Yamana, einem Volk, das in Feuerland im äußersten Süden Südamerikas lebt.

Hestermann erkennt, dass dieses Wörterbuch auf keinen Fall den in Deutschland aufstrebenden Nationalsozialisten in die Hände fallen darf, da die Gefahr besteht, dass es als entartet eingestuft und vernichtet wird. Er flieht mit diesem kostbaren Wörterbuch in die Schweiz.

Der zweite Teil handelt von der Entstehung dieses Buches. Thomas Bridges, der von einem Missionar adoptiert wurde und in Feuerland lebt, hat diese Sammlung besonderer Wörter angelegt und hütet sie wie einen kostbaren Schatz. Dieses Wörterbuch enthält auf über tausend Seiten mehr als 32000 Yamana-Wörter, wobei diese nicht einfach übersetzt sind, sondern aus dem Lebenszusammenhang der Yamana beschrieben werden. So bedeutet

  • „linganàna“ – ‚Sich auf eine Weise benehmen, dass sich die andere Person verpflichtet fühlt, ein Geschenk zu überreichen‘.
  • „mamihlapinatapa“ - ‚Einander tief in die Augen schauen, wobei beide hoffen, der andere würde einen Vorschlag unterbreiten, der allgemein erwünscht, aber noch nicht ausgesprochen wurde‘.

  • „tüwunaiella“ – ‚Eine Wutrede beenden‘ oder ‚zu bellen aufhören‘.

Thomas bleibt bei den Yamana, auch als sein Adoptivvater von seinem Posten abberufen wird. Er versucht mehrmals seine Sammlung zu veröffentlichen und für die Yamana ein eigenes Lebensgebiet aufzubauen. Beides gelingt ihm nicht und das Buch geht ihm verloren.

Im dritten und letzten Teil des Buches geht es wieder um Hestermann. Er lebt in Zürich, aber auch dort werden er und sein Buch bedroht, als ein anderer Professor dieses für seine eigenen Zwecke nutzen will. Hestermann ist auf der Suche nach einem Archiv, das Sicherheit vor dem Zugriff der Nationalsozialisten bietet.

Beide Hauptfiguren, Bridges und Hestermann, sind unübliche Romanhelden, ziemlich verschroben und wunderlich, und doch faszinierend in ihrem Einsatz für die Erfassung und Erhaltung einer Sprache.

Ein interessantes, spannendes Buch, das zum Nachdenken über Sprache, über Wörter und ihre Bedeutung anregt.

Prof. Münzer-Jordan

Zurück