Marion Poschmann "Die Kieferninseln"

Dieser Roman stand 2017 auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises und 2019 auf der Shortlist des „Man Booker International“ Preises.

Gilbert Silvester, mittelmäßig erfolgreicher Akademiker, der an einer Kulturgeschichte des Bartes arbeitet, träumt, dass ihn seine Frau betrügt, und bricht ohne weitere Erklärung nach Tokio auf, wo er beschließt, wie die alten Wandermönche verschiedene Stationen einer traditionellen Pilgerroute aufzusuchen.

Anfangs begleitet ihn der Student Yosa Tamagotchi, Träger eines falschen Bartes, der versucht sich durch Selbstmord seiner gesellschaftlichen Verantwortung zu entziehen. Nachdem Gilbert den jungen Mann immer wieder vom Selbstmord abgehalten hat, indem er ihm eine bessere, wirkungsvollere Umgebung für sein Ende versprochen hat, verliert er ihn schließlich aus den Augen, bevor er zu seiner letzten Station, den Kieferninseln von Matsushima, gelangt.

Diese japanische Kiefern sind ein Sinnbild für die zähe Überlebensfähigkeit, sie sind der Punkt in der Welt, an dem die Götter herabgestiegen sind.

An diesem äußersten Punkt seiner Reise, den Kieferninseln, erinnert sich Gilbert an eine Reise mit seiner Frau. Er beschließt sie anzurufen und sie zu bitten nach Japan zu kommen.

Die traumähnliche Reise des Protagonisten ist geprägt von Gegensätzen. Auf den Spuren alter Pilger findet Gilbert oft nur trostlose moderne Gebäude; der verzweifelte Student Yosa wird zwar von ihm immer wieder davon abgehalten, sich selbst umzubringen, es entsteht aber keine Nähe zwischen den beiden Männern, es kommt zu keinem wirklichen Gespräch.

Der Roman ist eine Anordnung von unwirklich anmutenden Szenen, ohne Rechtfertigung. Als Leser tappt man über weite Strecken im Dunkeln, am Ende des Buches angekommen fühlt man sich selbst wie aus einem Traum erwacht.

Ein Buch, das nachwirkt.

Prof. Münzer-Jordan

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