Katharina Adler "Ida"

Die Autorin erzählt in ihrem Buch „Ida“ die Geschichte ihrer Familie, im Besonderen das Leben ihrer Urgroßmutter Ida Bauer-Adler.

Ida Bauer war Patientin des Begründers der Psychoanalyse Doktor Sigmund Freud. Dieser schrieb im Februar 1905 über seine Patientin Dora H. (Pseudonym für Ida Bauer) und ihre Analyse einen Bericht unter dem Titel „Bruchstück einer Hysterie-Analyse“.

Die Erzählung der Autorin beginnt mit der Ankunft Idas in Amerika. Sie musste vor den Nationalsozialisten fliehen und wird in New York von ihrem Sohn Kurt Adler aufgenommen. Idas Vater war Jude und Besitzer mehrerer Textilfabriken, ihr Bruder Otto Bauer ein bekannter österreichischer Politiker. Die Ehe ihrer Eltern war von einer Krankheit ihres Vaters überschattet. Er litt an Syphilis, mit dieser Krankheit war er schon vor der Hochzeit mit Idas Mutter infiziert. Idas Mutter Käthe ist kalt und überaus streng. Das Zusammenleben in der Familie ist durch innere Spannungen und Konflikte erschwert.

Pepina und Hanns Zellenka sind scheinbar nur ein befreundetes Ehepaar der Familie, aber insgeheim ist Pepina die Geliebte von Idas Vater und Hanns Zellenka schreibt Ida einfühlsame Briefe, bis er sie schließlich sexuell bedrängt. Aber der Vater stellt Idas Klagen über Hanns Zellenka als unwahr dar, damit seine Affäre mit Pepina nicht offengelegt wird. Schließlich schickt er Ida wegen ihrer psychosomatischen Beschwerden und ihrer Drohung, Selbstmord zu begehen, zu Dr. Freud. Ida fühlt sich auch von Dr. Freud und seinen psychoanalytischen Deutungen nicht verstanden und bricht die Therapie eigenmächtig ab.

Ida heiratet den Komponisten Ernst Adler, er ist der Vater ihres Sohnes Kurt. Nach dem Tod ihres Vaters lebt sie mit ihrer Familie von den Zinsen ihres Erbes. Später eröffnet sie eine Bridge-Stube, das Kartenspiel und das Kettenrauchen werden zu ihrem Lebensinhalt.

Die Autorin berichtet auch über die politische Karriere von Idas Bruder Otto Bauer, über sein Wirken als Sozialdemokrat im Bürgerkrieg der Ersten Republik und über seine Flucht aus Österreich.

Unter der Herrschaft der Nationalsozialisten beginnt für Ida eine schwere, bedrohliche Zeit. Schließlich gelingt es ihr über viele Umwege in einer lange andauernden Flucht, nach Amerika zu ihrem Sohn auszuwandern.

Katharina Adler erzählt in einer klaren, einfachen Sprache nicht nur die Lebensgeschichte ihrer Urgroßmutter Ida und anderer Familienmitglieder, es gelingt ihr auch, in einem großen Bogen ein halbes Jahrhundert österreichischer und deutsch-jüdischer Geschichte zu beschreiben.

Interessant! Lesenswert!

Prof. Münzer-Jordan

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