Lida Winiewicz "Späte Gegend"

 

Die Erzählung “ Späte Gegend ” wurde von der Autorin auch für die Bühne bearbeitet. In diesem Buch sind beide, Erzählung und Bühnenfassung, enthalten.

Die Hauptfigur, eine Frau, erzählt ihr Leben, das einen Bogen spannt von der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg, der Zeit zwischen den Weltkriegen und der Zeit danach. Sie ist in einer bäuerlichen Familie aufgewachsen, die ärmer als „Kleinhäusler“ war. Ihre ständigen Begleiter waren Armut, Hunger und – schon als Kind – schwere Arbeit. Die Gegend, in der sie aufwächst, wird die „späte Gegend“ genannt, weil „alles später reif wird, wenn überhaupt: manches reift gar nicht.“

Es gelingt ihr, durch ihren Fleiß und die Heirat mit einem Bauernsohn Bäuerin zu werden, für sie ein großer sozialer Aufstieg. Mit ihrem Mann verbindet sie eine innige Beziehung. Sie zieht die gemeinsamen fünf Kinder groß. Schließlich im Alter übergibt das Ehepaar den Hof an den ältesten Sohn.

Lida Winiewicz erzählt in einer klaren, einfachen Sprache, die oft tief berührt. Ihr Buch ist auch eine soziale Dokumentation dieser Zeit.

Interessant und gut lesbar.

In der Bühnenfassung von „Späte Gegend“ treten zwei Frauen auf: die Bäuerin (aus der Erzählung) und eine Städterin. Beide berichten aus ihrem Leben, die Bäuerin weitgehend mit dem Text der Erzählung, der Text der Städterin ist neu. Die Städterin hat einen jüdischen Vater. Diese Tatsache bestimmt Teile ihrer Kindheit und ihr weiteres Leben mit. Jede der Frauen erzählt aus ihrem Leben, sie beziehen sich nur wenig aufeinander. Beide haben schwere Phasen überstanden, gemeinsam ist ihnen am Ende das Gefühl „übrig zu sein“.

Die Bühnenfassung ist durch die Einführung der zweiten Person lebhafter und die Gegenüberstellung der Milieus von Stadt und Land sowie der menschlichen Schicksale sehr spannend.

Ein unspektakuläres, aber interessantes und wichtiges Zeitdokument.

Prof. Münzer-Jordan

Zurück