Evelyn Grill "Der Sammler"

Evelyn Grill hat Jura studiert und arbeitet seit 1980 als freie Schriftstellerin. Sie publiziert in Zeitschriften, im Rundfunk und hat eine Reihe von Romanen verfasst. Für den Roman „Der Sammler“ wurde sie 2006 mit dem Otto – Stoessl – Preis ausgezeichnet. 2017 erhielt sie den Oberösterreichischen Literaturpreis.

Seit vielen Jahren treffen sich einige Freunde regelmäßig im „La Grotta“ zum Essen. Der Mittelpunkt ist Professor Voss, um ihn herum Uta Aufbau, Bewährungshelferin, Kyra Wiesel, Künstlerin, Otto Unlauter, Anglist, und Alfred Irgang, der Jugendfreund von Voss. Er gilt als das exotische Mitglied dieser Gruppe. Ihn wollen alle verändern, heilen, in ein normales Leben drängen.

Alfred Irgang ist ungepflegt, verwahrlost, ständig beladen mit Plastiksäcken voller „Schätze“, die er aus den Müllcontainern der Umgebung entnommen hat. Alfred stammt aus einer vermögenden Familie, er ist heute noch Millionär. Trotzdem verbringt er sein Leben mit dem Sammeln von Abfall, den er in seiner Wohnung archiviert und hortet. Niemand darf diese Wohnung betreten, da sie mit Abfall angefüllt ist und Alfred selbst nur mehr mit Hilfe einer Leiter über Müllberge kletternd hinein kann; sein Bett ist nicht mehr zugänglich.

Die Freundesgruppe schämt sich einerseits für Alfred, andererseits sind er, seine krankhafte Sammelwut und die Überlegungen, wie er zu retten wäre, ein ständiges Thema, das wesentlich zum Zusammenhalt der Gruppe beiträgt.

Alfred selbst ist zufrieden mit seinem Leben, er fühlt sich wohl, und als er eines Tages in einer stummen, aber stets lachenden Sandlerin eine Gefährtin für seine Sammelwut findet, ist er eigentlich glücklich. Doch seine Freunde können das nicht akzeptieren,  allen voran Uta Aufbau, die Bewährungshelferin, die schon seine Eltern gekannt hat. Sie ist die treibende Kraft und kann endlich aktiv werden, als Alfred krank wird und ins Spital muss. Sie sorgt mit Hilfe der anderen für die systematische Beseitigung und Vernichtung all dessen, was Alfred in vielen Jahren mit Fleiß und Freude gesammelt und archiviert hat. Die Freunde sind überzeugt, dass der „Leidensdruck“ durch das Fehlen seiner Sammlungen Alfred veranlassen wird, in die nötige Therapie zu gehen.

Menschlich und empathisch handeln diese Freunde nicht; sie erwarten Alfred mit Sekt in der leeren Wohnung und erwarten voll Genugtuung Dankbarkeit und Freude von ihm. Sie sind nicht frei von Selbstgefälligkeit und Eigennutz und dem Wunsch, Alfred zu beherrschen. Dieser Wunsch erfüllt sich nicht. Das Rettungsprojekt endet tragisch.

„Der Sammler“ von Evelyn Grill ist ein packender Roman, gut beobachtet, spannend durch die Gegensätze zwischen den Freunden und Alfred.

Empfehlenswert!

Prof. Münzer-Jordan

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