Felix Mitterer "Keiner von euch"

Felix Mitterer, ein österreichischer Theater- und Drehbuchautor, zählt zu den meist gespielten Dramatikern Österreichs.

„Keiner von euch“ ist Felix Mitterers erster Roman und wie oft in seinen Werken geht es um einen Außenseiter, um Angelo Soliman (1721-1796), einen Schwarzafrikaner. Handlungsort ist Wien im späten 18. Jahrhundert.

Angelo Soliman, sein afrikanischer Name ist Mmadi Make, wird als Kind als Sklave verkauft. Er ist als Geschenk für Klara, die Tochter einer Marquise, gedacht und wird nach Sizilien gebracht. Von dort kommt er nach Wien zum Fürsten Thunstein, wo er eine außerordentliche Karriere als Kammerdiener des Fürsten macht. Soliman erwirbt eine umfassende Bildung, er ist in Fremdsprachen, Technik und Naturwissenschaften äußerst bewandert. Er begegnet Joseph II, wird ein Freund und Freimaurerlogenbruder von Mozart. Hinter dieser Fassade wird Soliman immer wieder schwer misshandelt und missbraucht.

Nach Jahren kommt Klara nach Wien – sie hat ihren kleinen Spielgefährten Soliman nicht vergessen – um den Fürsten Thunstein zu heiraten. Klara trifft Soliman wieder und verliebt sich in ihn. Sie ist von der grausamen, perversen Haltung ihres Gatten Fürst Thunstein angewidert. Soliman ist seinem Herrn treu ergeben. Er hat Angst davor, den Fürsten zu verlassen, weil er trotz aller Erfolge und Zuwendungen ein Fremder geblieben ist, der bestaunt, verachtet, von manchen Frauen begehrt, aber nie wirklich akzeptiert wird.

Außerdem intrigiert der kaiserliche Leibarzt gegen ihn, weil er seine Leiche haben will, um seine verrückten „wissenschaftlichen“ Ideen zu beweisen.

Der Autor verfasst mit der zum Teil veränderten Biographie von Soliman auch ein Sittenbild Wiens im 18. Jahrhundert. Er beschreibt Gewalt, Missbrauch, Perversität in fast ununterbrochener Reihenfolge. Obwohl Kaiser Joseph II viele der Aufklärung dienende Reformen erlassen hat, wie die Religionsfreiheit, die Pressefreiheit und die Abschaffung der Leibeigenschaft, hat es nach seinem Tod Rückschläge gegeben, weil die vor der Aufklärung herrschenden Grundideen nicht auszulöschen sind. Soliman stirbt an einem Schlaganfall, sein Körper wird von Kaiser Franz ausgestopft und zur Schau gestellt. Er ist während der Revolution 1848 verbrannt.

Es entsteht der Eindruck, der Autor führt einen fanatischen Kampf gegen die Zustände, die im damaligen Wien geherrscht haben, er steht auf Seiten Solimans und tritt für dessen Würde und Recht auf menschliche Behandlung ein.

Das Buch ist in einfacher Sprache abgefasst, phasenweise treibt es den Leser von einer Gewalttätigkeit zur nächsten und stellt eine verrohte, dekadente, entmenschlichte Gesellschaft dar. Es gibt, abgesehen von Klara, kaum Menschen, die Werte wie Respekt, Achtung, Würde, Liebe vertreten und danach leben.

Interessant, lesenswert.

Prof. Münzer-Jordan

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