Anke Stelling "Schäfchen im Trockenen"

Der Roman “Schäfchen im Trockenen“ könnte als Aufklärungsroman bezeichnet werden: Er ist ein Monolog, den die Hauptperson Resi für ihre älteste Tochter Beja hält. Sie will Beja vor einer ungerechten Welt warnen, in der es nur darauf ankommt, ob man Geld hat und aus welchem Milieu man kommt.

Resi lebt mit ihrer Familie in Berlin, Prenzlauer Berg, in einer von einem reichen Freund günstig gemieteten Wohnung. Ihr Freundeskreis besteht aus gut situierten Paaren, die ein gemeinsames Luxuswohnprojekt planen und Resi vorschlagen, sie bei einer Beteiligung zu unterstützen. Resi lehnt ab.

Sie beschreibt in einem sarkastischen Zeitungsartikel dieses Projekt ihrer Freunde, was zum Abbruch der Beziehung zu Resi und zur Aufkündigung des Mietvertrages führt.

Der Roman ist ein ständiges Protokoll über Resis Befindlichkeit, voll Klagen, Unzufriedenheit und Angst, ihren Status – Wohnung am Prenzlauer Berg, Freundschaft mit reichen Leuten – zu verlieren. Diese Abstiegsangst Resis wird durch ihre eigenen Handlungen real.

Sie sucht nun eine neue Wohnung und findet eine in Berlin Ahrensfelde, ein fürchterlicher Ort, wo „übergewichtige, in Polyester mit Aufdruck gekleidete Leute ihre Kinder im Buggy Red-Bull-Imitate trinken lassen“.

Obwohl Resi ihre reichen Freunde heftig und scheinbar endlos kritisiert, lehnt sie auch die gesellschaftliche Schicht ab, in die sie auf Grund ihrer Lebenssituation passen würde.

Resi ist eine beklagenswerte Person, die ständig unzufrieden ist, keinen Zusammenhang zwischen ihrem Tun und den Konsequenzen sieht, nicht weiß, wo sie hingehört, und keine Handlungen setzt, um das herauszufinden, allenfalls zu verändern und zufrieden zu werden.

“Schäfchen im Trockenen“ wurde mit dem Leipziger Buchpreis 2019 bedacht.

Prof. Münzer-Jordan

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